Webanalytics und seine Grenzen: Warum ein Vergleich zwischen Websites oft schwierig ist

KPIs scheinen auf den ersten Blick einfache Antworten darauf zu liefern, wie gut eine Website performt – doch der Schein trügt. Unterschiedliche Tools, Messmethoden und Zielsetzungen machen direkte Vergleiche oft unmöglich. Der Artikel zeigt, warum diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind und wie KPIs sinnvoll interpretiert werden können.

Oft fragen mich Kunden nach den Kennzahlen meiner Websites:

  • Anzahl der eindeutigen User: Wie viele individuelle Besucher hat die Seite erreicht?
  • Verweildauer: Wie lange bleiben Nutzer auf der Website?
  • Abbruchquote (Bounce Rate): Wie viele Besucher verlassen die Seite nach einem einzigen Seitenaufruf?
  • Durchschnittlich aufgerufene Seiten: Wie tief tauchen Nutzer in die Inhalte ein?
  • Herkunft der Leser: Aus welchen Ländern oder Regionen stammen die Besucher?

Diese Fragen sind völlig legitim, denn sie spiegeln den Wunsch wider, den Erfolg einer Website messbar zu machen und mit anderen Seiten oder Branchen zu vergleichen.

Warum Kunden KPIs vergleichen wollen

Der Wunsch nach einem Vergleich ist absolut nachvollziehbar. KPIs dienen dazu:

  • Leistungen zu bewerten: Sind die Inhalte der Website erfolgreich?
  • Benchmarking durchzuführen: Wie gut schneidet die eigene Website im Vergleich zu anderen Seiten ab?
  • Zielgruppen zu verstehen: Welche Regionen generieren den meisten Traffic, und ist die Zielgruppe wie geplant erreicht?

Doch die Realität sieht anders aus: Viele KPIs lassen sich nicht objektiv vergleichen.

Was bedeutet das für den Vergleich von KPIs?

Ein Vergleich von KPIs zwischen Websites oder Tools ist nur eingeschränkt möglich. Unterschiedliche Berechnungsweisen: Bounce Rate, Sitzungsdauer und andere KPIs werden je nach Tool anders definiert.

    1. Bounce Rate (Absprungrate)

    AspektGoogle AnalyticsMatomo
    DefinitionNutzer verlässt die Seite ohne Interaktion (z. B. Scrollen oder Klicken).Nutzer bleibt länger als 15 Sekunden → kein Absprung.
    BeispielEin Besucher liest 5 Minuten einen Blogartikel und verlässt die Seite – zählt als Absprung.Der gleiche Besucher wird als „engagiert“ gewertet.
    FolgeHöhere Absprungrate, obwohl Nutzer interessiert waren.Geringere Absprungrate, wenn Verweildauer berücksichtigt wird.

    Grenzen: Die Bounce Rate kann ohne Kontext irreführend sein. Besonders auf Blogs oder Landingpages ist eine hohe Absprungrate nicht zwangsläufig negativ, da Nutzer die gesuchten Informationen schnell finden und zufrieden die Seite verlassen. Unterschiedliche Messmethoden zwischen Tools wie Google Analytics und Matomo erschweren den Vergleich zusätzlich.

    2. Sitzungsdauer (Session Duration)

    AspektGoogle AnalyticsMatomo
    MessmethodeZeit zwischen der ersten und letzten Interaktion (kein Event = „0 Sekunden“).Berücksichtigt auch inaktive Zeiten durch Zeitlimits.
    BeispielNutzer sieht eine Seite → Sitzungsdauer = 0 Sekunden.Dieselbe Sitzung wird als 2 Minuten gemessen.

    Grenzen: Die Sitzungsdauer ist besonders anfällig für Missinterpretationen. Eine lange Sitzungsdauer kann Interesse zeigen – oder darauf hindeuten, dass Nutzer Schwierigkeiten haben, die gewünschten Informationen zu finden. Unterschiede bei der Erfassung, wie etwa durch Scroll-Tracking in Matomo, führen zu abweichenden Werten.

    3. Herkunft der Leser

    Die geografische Herkunft der Leser liefert spannende Einblicke, z. B. ob eine Website ihre Zielgruppe aus bestimmten Regionen erreicht. Dennoch ist diese KPI weniger zentral für die Performance-Bewertung und unterliegt ebenfalls technischen Einschränkungen.

    AspektGoogle AnalyticsMatomo
    ErfassungsmethodeIP-basierte Geolokalisierung durch externe Anbieter, oft ungenau auf Städteebene.Ebenfalls IP-basiert, durch anpassbare Datenbanken präziser.
    GenauigkeitStädteebene oft ungenau, besonders bei Mobilgeräten.Präzisere Ergebnisse durch individuell wählbare Datenbanken.
    AnonymisierungDurch DSGVO-konforme Anonymisierung oft nur auf Länderebene verfügbar.Flexible Anonymisierungsoptionen, die die Genauigkeit beeinflussen können.

    Grenzen:

    • IP-Adressen als Basis: Mobilgeräte oder VPN-Nutzer können falsche Standorte anzeigen, was die Aussagekraft der Daten begrenzt.
    • Anonymisierung nach DSGVO: Strenge Datenschutzvorgaben schränken die Genauigkeit der Standortdaten ein, insbesondere auf Städteebene.
    • Unterschiedliche Tools und Datenbanken: Jedes Tool arbeitet mit verschiedenen Geolokalisierungsdatenbanken, die sich in Präzision und Aktualität unterscheiden.

    Fazit: KPIs sind nur ein Hilfsmittel

    KPIs liefern wichtige Zahlen, aber sie sind keine absolute Wahrheit. Sie sollten immer im Kontext der Website-Ziele und der Branche interpretiert werden. Ein zuverlässiger Vergleich zwischen verschiedenen Websites ist nahezu unmöglich – stattdessen sollte der Fokus auf den Mehrwert für die Zielgruppe und die Erreichung der individuellen Ziele gelegt werden.